Shibui

Shibui war ursprünglich die Bezeichnung des bitteren, astringierenden Geschmacks einer unreifen Kaki-Frucht. Über Jahrhunderte erweiterte sich die Bedeutung dieses Begriffs enorm – vor allem gewann er an Ambivalenz, wurde er immer positiver besetzt.
1960 titelte die amerikanische Zeitschrift House Beautiful „Discover Shibui, the Word for the Highest Level in Beauty“. Dieses Heft löste einen wahren Japan-Hype aus. Einfachheit, Bescheidenheit, Selbstverständlichkeit, Ruhe, Natürlichkeit, Alltäglichkeit und Unvollkommenheit waren die Attribute für shibui von „House Beautiful“.

Shibui der Begriff, der sich so gar nicht übersetzen läßt; der wörtlich immer noch bitter, astringierend, zusammenziehend beim Bitteren meint, wird für eine unaufdringliche Schönheit verwendet. Für die Schönheit des Unvollendeten – die durch den Betrachter zu ergänzende Schönheit.
Nicht glänzend oder neu, sondern die „Essenz geplanter Zurückhaltung“ sei shibui. Kawakita Michiaki, der Kurator des Nationalmuseums für Moderne Kunst in Tokio schreibt: „Als kritischen Terminus gebrauchen die Japaner das Wort für zahllose Aspekte des Alltagslebens: ‚Das ist eine shibui-Farbe, nicht wahr?’; Eine Vorstellung oder Aufführung ist shibui‘; ‚seine Stimme ist shibui‘; ‚ihr Kleid ist shibui‘ und so weiter. Genauso wie es Stoffe gibt, die shibui sind, gibt es Häuser, die es sind. Ein Sumo-Ringer und sogar ein Baseball-Spieler kann einen Stil haben, der shibui ist. Es gibt Politiker und Geschäftsleute, Menschen aller Lebenskreise, die man  als shibui bezeichnen kann.“